Als Partner im Kooperationsverbund Solliance hat die TNO hohe Erwartungen an flexible Solarfolien. Die Erzeugung von Solarenergie mit diesem dünnen Film könnte der Wendepunkt im Kampf gegen den Klimawandel sein, meint TNO.
Peter Toonssen ist Projektentwickler bei Solliance und kommt von der TNO, der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung. Er skizziert mit Begeisterung die Möglichkeiten, Solarzellen in verschiedene Dacheindeckungen und andere Objekte einzubauen. Nicht erst im Nachhinein, wie bei Sonnenkollektoren, sondern bereits bei der Produktion.
„Indem wir diese breit anwendbare Technologie bereitstellen, können wir der gesamten Bebauung in unserer Umwelt eine energieerzeugende Funktion verleihen“, erläutert er. „Straßenbelag, Leitplanken, Lärmschutzwände, Autos und Lkw-Anhänger, alles wird mit einbezogen.“
Die Sonnenenergie ist die primäre Energiequelle, aus der viele verschiedene Energieträger – selbst der Wind – unmittelbar hervorgehen. Und was noch wichtiger ist: Sie ist in Hülle und Fülle vorhanden. Der Fortschritt im Bereich der Solarenergie geht äußerst flott voran.
Der nächste Schritt besteht darin, die Solarstromerzeugung unmittelbar in eine große Bandbreite von Produkten zu integrieren. Die Idee stammt nicht von der Solarindustrie, sondern von Herstellern von Dacheindeckungen. Die Produzenten von Dachelementen mit von der gebräuchlichen Norm abweichender Gestaltung wollten ihre Produkte nachhaltiger machen und suchten daher den Kontakt zur TNO. Toonssen hat für diese Wünsche volles Verständnis. „Sie können sich als grüne Anbieter präsentieren, denn ihr eigenes Produkt wird bald mit Solarzellen auf den Markt kommen.“
Die Hersteller waren auf der Suche nach geeigneten Konzepten, mit denen es möglich ist, Solarzellen in ihre eigenen Produkte zu integrieren. Meist standen nur standardisierte Produkte mit festen Abmessungen und Eigenschaften zur Auswahl. Und wenn Sie solche Fabrikate selbst herstellen würden, wären die Kosten unüberschaubar.
Sie wandten sich daher an die TNO, die gemeinsam mit Partnern aus der Industrie und Universitäten Forschung nach der Solartechnologie der Zukunft betreibt. Seit 2010 arbeitet diese am High Tech Campus in Eindhoven gemeinsam mit anderen Partnern von Solliance an der Entwicklung eines Halbfabrikats mit Solarzellen. Diese anderen Partner sind das belgische Forschungszentrum für Nano- und Mikroelektronik imec sowie das ECN, das niederländische Energieforschungszentrum, das inzwischen in die TNO aufgenommen wurde. Und das mit Erfolg, denn dies führte zur Entwicklung der flexiblen Folie.
Hersteller können ihre eigenen Produkte selbst mit dieser Folie versehen. Ziel ist der problemlose, unkomplizierte Einsatz flexibler Solarfolien auf Oberflächen aller Art – wie Baumaterialien, Zügen, Fassaden und allem anderen, was die Sonne einfangen kann.
Jeder zehnte niederländische Haushalt hat inzwischen Sonnenkollektoren auf dem Dach. Um die nationalen Ziele zu erreichen, muss diese Zahl bis 2030 um das Dreifache und bis 2050 um das Zehnfache steigen. Mit flexiblen Solarfolien kann die Effizienz von Solarenergiesystemen erheblich gesteigert werden.
Darüber hinaus wird es durch die Verwendung von dünner Solarfolie möglich, alle Arten von Oberflächen für die Stromerzeugung zu nutzen. „Es gibt immer noch so viel ungenutzte Gebäude und Fassaden. Da lässt sich noch so viel herausholen“, sagt Toonssen.
Außerdem können die Solarzellen sehr elegant oder sogar unsichtbar in das Erscheinungsbild des jeweiligen Gebäudes oder Verkehrsmittels integriert werden. Es gibt immer mehr Optionen, auch was Farben und Muster betrifft. „Damit kann sich auch die Allgemeinheit anfreunden“, erwartet er. „Dadurch gibt es eine größere Akzeptanz für Solarenergie, als wenn wir die Landschaft mit Sonnenpaneelen vollstellen würden.“
Die Herausforderungen bei der Entwicklung der Solarfolie waren hauptsächlich technischer Natur. Im Rahmen der Partnerschaft hat die TNO eine neue Technologie entwickelt, mit der es möglich wird, verschiedene Marktsegmente mit einer einzigen Produktionslinie zu bedienen und damit unterschiedliche Hersteller auszustatten. Dank Robotertechnologie kann die Produktionsstraße schnell auf diverse Produkte umgeschaltet werden. Damit wird eine hohe Produktionsrate ermöglicht.
Das ist nicht ganz einfach – denn die gesamte Kette, von der Materialentwicklung bis zum Endprodukt – ist dabei involviert. „Bei allen Gliedern in der Kette gab es Optimierungsbedarf“, sagt Toonssen. „Das hat Jahre der Vorbereitung gebraucht, aber jetzt können wir wirklich große Volumen produzieren.“
Gründliche Kenntnis von Materialien und Prozessen ist ebenfalls entscheidend für den Erfolg dieser Produktion. „Wir müssen wissen, wie zuverlässig die Materialien sind“, sagt Toonssen. „Wir wollen nicht, dass sich die Folienschicht nach drei Jahren ablöst, obwohl das Dachmaterial eine Lebensdauer von mindestens 20 Jahren hat. Eine intensive Zusammenarbeit mit Materialentwicklern ist daher ein wesentlicher Faktor.“
Für die TNO ist der Nährboden des High Tech Campus in Eindhoven ein sehr fruchtbares Umfeld für Forschung und Innovation. Es gibt zum Beispiel eine intensive Zusammenarbeit mit dem Holst Centre, einem der wenigen Innovationszentren, das Expertise in drahtloser Sensortechnologie und flexibler Elektronik unter einem Dach vereint. Hier können Partner Demonstrationsmodelle und Prototypen entwickeln und diese dann in hochmoderne Produkte und Produktionsprozesse umsetzen.
Die TNO und die anderen Solliance-Partner ziehen in Eindhoven dankbar Nutzen aus diesen Verknüpfungen. „Auf dem Gebiet der flexiblen Elektronik ist das Holst Centre bereits weit vorangeschritten“, sagt Toonssen. „Wir haben zum Beispiel sehr von seinem Wissen zur Barrieretechnologie profitiert, die Elektronik vor atmosphärischen Gasen schützt.“
Kurze Wege helfen ebenfalls, um auf Ideen zu kommen. „Auf dem Campus kann man beim Kaffeetrinken zwischendurch schnell etwas besprechen. Wenn man einfach ein bisschen herumläuft, kommt man manchmal auf Ideen, auf die man mit konzentrierter Planung nicht kommt. Bestes Beispiel sind die dehnbaren Folien. Bei Holst hatte man sich dazu schon etwas ausgedacht. In der Kaffeeecke haben wir besprochen, ob wir diese Ideen auch auf Solarzellen anwenden können.“
Der Impuls für Solarpaneele ist in vielerlei Hinsicht mit der Stärkung der regionalen Wirtschaft in Brabant und darüber hinaus verwoben. Ein bedeutender Teil der Produktion von Solartechnologieelementen findet in Asien statt.
Die Niederlande und auch der Rest Europas haben ein großes Interesse daran, die gesamte Kette auf den europäischen Kontinent zurückzubringen. „Und zwar nicht nur, um hier die Montage der Teile auszuführen, sondern auch für die lokale Produktion“, sagt Toonssen. „Für ein asiatisches Unternehmen ist es sehr schwierig, Hersteller in Brabant zu bedienen. Mit hier produzierten Solarfolien können wir das.“
So entsteht eine regionale Solarindustrie, die auf die spezifischen lokalen Bedürfnisse eingeht. „In den letzten Jahren hat sich die Fertigungsindustrie mehr und mehr ins Ausland verlagert. Jetzt ist es wichtig, dass wir die Hersteller hierbehalten, vor allem von Technologien, bei denen wir an der Spitze stehen.“
Bei der Entwicklung der Folie achten die TNO und die Solliance-Partner auch bewusst auf die Wiederverwertbarkeit und Verfügbarkeit der benötigten Komponenten. „Die Kunden wünschen, dass wir mit Materialien arbeiten, die problemlos verfügbar sind. Sie möchten keine Produkte, mit denen sie ein Nachhaltigkeitsproblem bekommen könnten.“
Es gibt immer noch einige Metalle und andere Materialien, die TNO lieber nicht verwenden möchte, wie z.B. Blei und Indium. „Wir sind auf der Suche nach nachhaltigen Varianten für diese Metalle. Auf jeden Fall ist unser Produkt hauchdünn, so dass wir viel weniger Rohstoffe benötigen als für herkömmliche Solarenergieprodukte.“
Im Rahmen der Solliance-Partnerschaft gibt es eine intensive Zusammenarbeit mit Bildungs- und Wissenseinrichtungen, darunter alle technischen Universitäten und die Avans Hogeschool. Die Studenten von Avans führen viele Aufgaben bei der Entwicklung der Technologie aus.
„In den Studenten steckt eine Menge Kreativität", sagt Toonssen. „Vielleicht sind sie auch zukünftige Mitarbeiter, wenn wir sie später einstellen. In bestimmten Sparten ist es sehr schwierig, neue Talente zu finden. Dies gilt insbesondere für die Elektrotechnik. Man kann froh sein, wenn man einen guten Mitarbeiter bekommt.“
In diesem Jahr hofft die TNO, die flexible Solarfolie so weit weiterzuentwickeln, damit kommerzielle Partner in die Produktion einsteigen können. Die TNO hofft, mit zwei oder drei Herstellern groß in die Produktion einzusteigen. Die erste Anwendung von Solarfolie liegt auf der Hand: bei Dacheindeckungen. Anschließend können andere Oberflächen folgen. „In etwa fünf Jahren wird die Folie auf vielen Gebäuden und anderen Oberflächen zu sehen sein“, erwartet Toonssen.
Mit diesen hochwertigen integrierten Solarzellenanwendungen können die Niederlande ihre eigene Energie erzeugen und so völlig unabhängig von anderen Ländern werden. „Jedes Gebäude muss klimaneutral werden, also werden noch mehr Unternehmen diesen Weg einschlagen.“
„Wir hätten das schon längst tun sollen", sagt er gleich hinterher. "Die hohen Gaspreise rütteln jetzt alle wach. Diese Entwicklung zeigt, wie wichtig es ist, selbst die Oberhand bei der eigenen Energieversorgung zu haben.“
Und es gibt einen entscheidenden Lichtblick. Ein schneller Umstieg auf Solarenergie ist keine extrem kostspielige Angelegenheit mehr, sondern eine wirtschaftlich interessante Entwicklung. Auch für Brabant. „Wann immer über die Energiewende diskutiert wird, geht es um Kosten“, sagt Toonssen. „Wir dagegen sehen gerade große Chancen, denn es entsteht ein völlig neuer Markt. Es entsteht ein neuer Wirtschaftszweig.“
Brabant kann diese Chancen erheblich ausbauen. „Indem wir uns noch stärker für Forschung und Innovation einsetzen, können wir in den Niederlanden mit einem Schwerpunkt in der Region Eindhoven eine Vorreiterrolle übernehmen. „Schließlich ist die ganze Welt eine einzige große Solarzelle.“
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